• verocain 13/07/2023 12:11

    Eine sehr interessante Anmerkung. Zur Frage, ob man oder wir in diesem Land das Gefühl für Ästhetik verloren haben, empfehle ich einen Besuch im spanisch-sprachigen Raum dieser Welt und der Beantwortung dieser Frage, ob es dort, wo ja im Allgemeinen ein Gefühl für Ästhetik nahezu impliziert wird, im Stadt- und Straßenbild so viel schöner ist. 
    Und man darf im diesem Zusammenhang auch die Frage stellen, ob es in den 80er Jahren hierzulande etwa ästhetischer zuging? :-)
    Mir drängt sich der Eindruck auf, dass einige Bildungsbürger der Baby-Boomer Generation langsam anfangen, mit Fragen dieser Art eine Zeit zu verklären, in der es alles andere als ästhetisch zuging.
  • REN SEN 13/07/2023 13:04

    In Skandinavien gehört Design / Designverständnis zum Bildungsauftrag. Nicht selten gibt es dort Typografiekurse in Schulen. Macht das Sinn? Ich denke schon. 

    Ob die Baby-Boomer nun verlernt haben oder niemals gelernt haben vermag ich nicht zu sagen. Und verklären möchte ich auch nicht. Nichts liegt mir ferner. Ich kann nur von der Zeit sprechen in der ich lebe. Mir fällt auf wie wenig wir uns zum Teil mit Ästhetik auseinandersetzen und entsprechend Entscheidungen treffen. Ja klar, Verallgemeinerungen lassen sich immer recht zügig widerlegen. Ich kann nur von meiner Erfahrung und meinen Beobachtungen sprechen. ... und am Ende ist es auch nur ein Gefühl von etwas :) 

    Dieses Foto hat mich zumindest daran erinnert wie scheiße Werbung sein kann und unseren unmittelbaren Lebensraum beeinflußt. Ein gutes Foto ist es trotzdem.
  • verocain 13/07/2023 13:58

    Sehr interessantes Thema: Das ist wohl richtig, dass in Skandinavien Designverständnis zum Bildungsauftrag gehört. Aus meiner Sicht kann ich nur sagen: Leider. Denn dort beschränkt sich Design auf eine protestantische Nüchternheit, die mir persönlich garnichts gibt. Ich war in 3 von 4 skandinavischen Hauptstädten - also da ist mir das Stadtbild von Sevilla, Playa del Ingles oder Köln (um nur mal ein paar schöne hässliche Städte zu nennen) mitsamt aller deplatzierten Werbung deutlich lieber :-)

    Skandinavien ist in Sachen Design und Ästhetik für mich persönlich ein ziemliches Reizwort, vor allem weil es gerne als gutes Beispiel genannt wird, was es in meinen Augen absolut nicht ist :-)
    Wohin dieses protestantische Verständnis von Schlichtheit, klaren Formen und Reduktion führt, kann man bei IKEA und den geschmackvoll mit deren Reißbrettplunder eingerichteten Wohnzimmern dieser Welt beobachten. 

    Wie wenig wir uns bzw. man sich mit Ästhetik beschäftigt, hat mE nichts mit der Zeit zu tun, in der man lebt, sondern mit den Menschen, die die Möglichkeit haben, ihr Umfeld zu gestalten.
    Je weiter man in der Zeit zurückblickt, umso weniger Menschen waren es, die bestimmten, was ästhetisch ist. Es gab auch keine Nachfrage.
    In der Antike bestimmten 1 König und vielleicht 2 Architekten, wie ein Stadtbild sich ästhetisch ausprägen sollte. 
    Heute kann nahezu jeder eigene Entwürfe abliefern und Parzellen nach seinen Vorstellungen ausgestalten. Das finde ich gut und richtig so, auch wenn dabei die Ordnung der Ästhetik etwas verloren geht. Aber hier in Deutschland gibt es immerhin so etwas wie Bauleitplanung.
    Je mehr Menschen an Gestaltung der Umwelt beteiligt und dazu berechtigt sind, desto weniger wird das Gesamtergebnis einzelnen gefallen, die ein ausgeprägtes Gespür für (ihren eigenen Anspruch an) Ästhetik haben.
  • REN SEN 13/07/2023 14:15

    ;))) ich verstehe was du meinst. 

    Am Ende lässt sich zusammenfassend sagen: über Geschmack lässt sich hervorragend diskutieren. 
    Dein letzter Absatz ist ein sehr interessanter Gedanke. Kann im *großen* ein Rolle spielen und je länger ich darüber nachdenke ist dem auch nicht zu widersprechen. Dennoch glaube ich: Wissen über Ästhetik, Sinn für Form und Farbe, Typografie und Funktionsweisen dieser Elemente ... muss nicht zwangsläufig auf protestantische Nüchternheit hinauslaufen :)

    Danke für den sinnvollen Austausch.