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Ein Foto, das wehtat

Ein Foto, das wehtat

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Michael Wolta


Premium (World), Magdeburg

Ein Foto, das wehtat

"Ein gutes Foto muss wehtun" sage ich immer. Schliesslich will man ja nicht die Fotos machen, welche auch jedem anderen gelingen. Im Umkehrschluss heisst das aber natürlich nicht, dass ein Foto, welches wehtat, auch gut ist. Dieses hier hat zumindest wehgetan. Ein Jäger brachte mich morgens im Dunkeln zu seiner Kirrung. Ich baute mir einen kleinen Ansitz. Getarnt war ich nur mit einem Poncho. Dreizehn Stunden Ansitz lagen vor mir. Als das Morgenlicht erwachte, begann es zu meiner Freude leicht zu schneien. Lange Zeit tat sich nichts. Die Bedingungen wurden immer ungemütlicher, denn aus dem Flockenwirbel wurde ein heftiges Schneetreiben. Ich schätzte die Temperatur auf minus zehn Grad. Noch hielt ich der Kälte stand. Ich trug meine bewährte Winterkleidung. Die Hände wärmte ich, wie immer, in einem Muff. Dann kam irgendwann der Keiler. Er schien sich in dem dichten Schneefall sicher zu fühlen. Den Autofokus meiner Kamera hatte ich natürlich abgeschaltet, denn der Sinn stand mir nicht nach Schneeflockenmakros. Also mit der linken Hand manuell fokussiert und mit dem rechten Zeigefinger den Auslöser betätigt. Das Touchscreen-Display meiner Kamera war immer nass oder gar zugeweht und zum Auslösen unter diesen Bedingungen nicht zu gebrauchen. Der eisige Wind tat meinen Händen nicht wohl. Also steckte ich meine klammen Finger im Minutentakt zum Aufwärmen in meinen Muff. Die nassen Hände machten aber schliesslich auch das Innere des Muffs nass, sodass er nicht mehr wärmte. Meine Finger waren mit der Zeit völlig gefühllos geworden und ich konnte den Auslöser nicht mehr betätigen. Ich war nicht einmal mehr in der Lage, mir die Handschuhe anzuziehen, die ich für den Fall der Fälle bei mir trug. Die Hände steckte ich zum Aufwärmen immer wieder in die Jackentaschen, die aber bei weitem nicht so warm waren wie mein Muff (eigentlich). Immer, wenn ich meine Finger wieder bewegen konnte, fotografierte ich weiter. Irgendwann war dann der Keiler auch wieder weg. Ein richtig scharfes Foto ist mir nicht gelungen. Dieses hier halte ich aber für vorzeigbar. Am Abend war ich froh, als ich wieder abgeholt wurde. Es waren 30 Zentimeter Neuschnee gefallen und es waren nur fünf Grad minus, sagte mir der Jäger.

Ihr müsst mich nicht bemitleiden. Ich habe nicht wirklich gelitten und das Erlebnis war letzten Ende großartig. Eine gute Alternative wäre ein Tarnzelt gewesen. Da wäre man zumindest nicht dem eisigen Wind ausgesetzt gewesen und sowohl Muff als auch Kamera wären trocken geblieben. Ich bin aber vor anderthalb Jahren in Ungarn von einem Ranger belehrt worden, dass man in der EU Zelte ausschließlich auf Zeltplätzen aufstellen darf. In Ungarn benötigt man für das Aufstellen eines Tarnzeltes eine Genehmigung von der Naturschutzbehörde in Budapest und wenn man die nicht hat, kann man mit einem Bußgeld bis zu 40 Millionen Forint (ca. 125 Tausend Euro!) belegt werden. Der Ranger beließ es aber bei einer Verwarnung, ich musste lediglich das Zelt abbauen und den Platz verlassen. Inzwischen habe ich mich belesen, dass vor Gericht darüber gestritten wird, ob ein Tarnzelt, welches ja keinen Boden hat, die Kriterien des Brüsseler Diktats erfüllt. Warten wir also das Urteil ab, bevor wir wieder Tarnzelte aufstellen. Es sei denn, Ihr habt 125 Tausend Euro in der Portokasse.

Dank Dana Jacobs befand sich das Bild im Voting, vielen Dank dafür! :-)

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Cámara NIKON D850
Objetivo AF-S VR Nikkor 800mm f/5.6E FL ED
Diafragma 8
Tiempo de exposición 1/1600
Distancia focal 800.0 mm
ISO 400

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