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CarstenFrank


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Altenhundem

Bis Mitte des vorletzten Jahrhunderts war Altenhundem ein Bauerndorf wie viele andere.
1861 wurde dann die Ruhr - Sieg - Strecke eröffnet. Und da Altenhundem am Beginn der kurvenreichen Rampenstrecke zum Scheiteltunnel bei Welschen Ennest liegt (ca. 133 Höhenmeter auf 11km, max. Neigung 1:70) entstand hier auch ein etwas größerer Bahnhof mit Lokstation.
In den folgenden Jahrzehnten nahm das Verkehrsaufkommen zwischen Ruhrgebiet, der Bergbau- und Industrieregion im Siegerland und weiter nach Süden immer mehr zu, in Folge dessen wurde der Bahnhof immer mehr erweitert und aus der Lokstation wurde ein großes Betriebswerk mit 2 Ringlokschuppen und leistungsfähiger Werkstatt.
Neben Leistungen "rund um den Kirchturm" und auf den beiden in Altenhundem abzweigenden Nebenstrecken setzte man vor allem rund um die Uhr eine große Zahl G12, ab den 40er Jahren dann Baureihe 44, ein. Diese bespannten zusammen mit Loks der Nachbarbetriebswerke wie Dillenburg und Hagen den gesamten durchgehenden Güterfernverkehr. Außerdem bekam nahezu jeder in südliche Richtung durchfahrende Güterzug und schwere Eilzug planmäßig eine Lok der Baureihe 44 oder 50 als Schiebelok - für schwere Güterzüge gab es sogar lange Jahre eine Ausnahmegenehmigung zur Fahrdienstvorschrift die das Nachschieben mit 2 (!) Loks erlaubte!
Wie alte Eisenbahner erzählen wurden über die Strecke als Spitzenleistung während der Kriegsjahre zur Umfahrung der Rheinstrecke nahezu im Blockabstand schwere Güterzüge, vor allem mit Kohle, vom Ruhrgebiet nach Süddeutschland abgefahren und natürlich fast alle nachgeschoben.

Heute ist von den einstmals großen Gleisanlagen außer 3 Bahnsteiggleisen und 2 oder 3 Gleisen auf denen Güterzüge auf die heute immer noch (wenn auch jetzt elektrisch) vorgehaltenen Schiebeloks warten nichts mehr übrig. "Bahnbetriebswerk" ist nicht mehr der Arbeitgeber für eine in Spitzenzeiten sicher 4-stellige Anzahl von Arbeitern sondern nur noch der Name eines Gewerbegebietes. Und die Straße über die sich eine pausenlose Blechlawine wälzt ist fast so breit wie das verbliebene Gleisfeld...

Wenn dann mal, wie am vergangenen Wochenende durch unsere 52 8134, die alte Dampflokstimmung zumindest im kleinern Rahmen wieder zu erahnen ist, kann sich die junge Generation sicher kaum noch vorstellen welche Rolle diese Maschinen einstmals für ihre Stadt gespielt haben...

Comentarios 6

  • Hartmut Bartelt 13/02/2010 12:30

    Zusatz: Mein Großvater erklärte mir, dass das Geräusch der schwer fauchenden Schiebelok sich so anhörte wie: Ich wette dropp, ich komme ropp.
  • Hartmut Bartelt 13/02/2010 12:27

    Ich bin 1949 in Altenhundem geboren. Mein Großvater war Oberlokomotivführer und ich bin manchmal die Strecke nach Siegen auf einer Schiebe-Lok mitgefahren. Abends habe ich dann immer die Drehscheibe beobachtet. Wir wohnten am Wimberg und vom Garten aus konnte man die Schranke über die Hundem sehen. Lang, lang ist's her.
  • willi033 11/12/2009 14:53

    Sehr schön hast du das für uns fotografiert und dokumentiert . Gern hätte ich diese Zeit mal be-
    wußt erlebt . Tolles Foto .

    lG willi033
  • Thomas Reitzel 11/12/2009 11:19

    Altenhundem war jahrzehntelang der Inbegriff eines Güterzug-Bahnbetriebswerks. Ein Mythos! Arbeitgeber für eine ganze Region.

    Als mir 1966 das Lok-Magazin Nr. 19 in die Hände fiel (Titelbild: 44 101 in Ursprungsausführung auf der Drehscheibe im Bw Altenhundem, Foto von Gerhard Moll), wurde mir klar, was man da verpaßt hatte! Später sah man noch mehr Bilder vom schweren Schiebedienst.
    Alles sang- und klanglos verschwunden, in einer Zeit, als man noch nicht an Denkmalloks oder gar Museums-Bws dachte...
    Ein sehr stimmungsvolles Bild, das gut kaschiert, daß es eine 52.80 ist.
    VG Tom
  • CarstenFrank 11/12/2009 10:38

    Vielen Dank für die netten Kommentare zum Bild!
    Die kahle Fläche links ist wirklich nicht schön, ich wollte aber gerne noch als Farbtupfer das - heute weit von den Betriebsgleisen entfernte - Stellwerk anschneiden. Früher hätte der Bereich allerdings deutlich interessanter ausgesehen wie man z.B. hier http://www.eisenbahnstiftung.de/bg/pics/1532.jpg anfang der 50er Jahre sehen kann (mein Fotopunkt ist direkt neben dem rechten Bildrand).
    Heute werden wie geschrieben nur noch die beiden durchgehenden Hauptgleise, ein weiteres Bahnsteiggleis zur Straße hin und 2 oder 3 Gleise zum ehemaligen Bw hin befahren. Das Stellwerk ist eine letzte Bastion auf der sonst ferngesteuerten Strecke.
    Und die Ortsgüteranlage mit Ladestraße und Laderampe wurde vor etwa 2 Jahren abgerissen, an ihrer Stelle das übliche Einkaufszentrum mit Parkhaus errichtet - damit jegliche Nutzung etwa zur Holzverladung in dieser waldreichen Region auf Ewigkeit verhindert :-(
    Gruß Carsten
  • Peter196 11/12/2009 7:49

    Da kann man nur sagen fantastisch. Ein tolles Motiv. Nicht nur einfach den alten Dampfer herangezoomt, sondern das ganze Ambiente, die Stimmung rundherum mit eingefangen. Klasse.

    Und dann die historischen Daten dazu. Sehr interessant, vor allem für einen ehemaligen Eisenbahner.
    VG Peter