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Premium (World), Berlin

60 Tage Krieg

[Ukrainische Botschaft in Deutschland, Albrechtstraße 26, Berlin • 24. April 2022]
https://germany.mfa.gov.ua/de

Der Amtssitz von Dr. Andrij Melnyk liegt in einer Seitenstraße nahe dem berühmten Deutschen Theater.
Im Gegensatz zur Russischen Botschaft wird das Gebäude von der Polizei deutlich zurückhaltender bewacht.

Das 1910 als Verwaltung der Berliner Gaswerke eröffnete Haus wurde von Ludwig Hoffmann entworfen.
Zu DDR-Zeiten war es Sitz der Botschaft der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien.
Ukrainische Botschaft wurde es 1999 mit der Verlegung von Bundestag und Regierung von Bonn nach Berlin.
Von 1994 bis 1999 hatte der ukrainische Botschafter in Remagen-Oberwinter residiert.

Andrij Melnyk vertritt sein Land seit der Orangenen Revolution, die den prorussischen Präsidenten verjagte.
Sein Großvater selben Namens war OUN-Chef und Kamerad des faschistischen Kriegsverbrechers Bandera.
Stepan Bandera war 1959 im Exil in München von einem KGB-Agenten mit Giftgas ermordet worden.

Man wirft Melnyk, der 2015 einen Kranz auf Banderas Grab in München niederlegte, Faschismus vor.
Nach der Revolution begann zumindest die halbherzige Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit.
Aber erst 2019, seit der Jude Wolodimir Selenskyj Präsident ist, wurde die Aufarbeitung konsequenter.

Die nationalistischen Kampfverbände waren schon 2014 der Regierung unterstellt worden.
Obwohl im besetzten Osten gegen die Separatisten im Krieg, werden rassistische Positionen nicht mehr geduldet.
Putins Propaganda ignoriert diese positiven Prozesse, um den Überfall 2022 zu rechtfertigen.

Bekanntester Verband ist das Asow-Regiment. Es verteidigt zurzeit das Stahlwerk in Mariupol.
Und die nach König Danil benannte Brigade 24 kämpft seit 2014 im Oblast Luhansk.
Dort, in Popasna, löschte sie gestern eine Söldnereinheit der "Liga der Russischen Föderation" aus.
Die vormals als "Gruppe Wagner" berüchtigten russischen Faschisten sind Putins liebste Söldner.

Comentarios 6

  • Christof Hannig 27/04/2022 20:23

    Gut recheriert, beschrieben und auch gezeigt!!!
    Viele Grüße
    Christo f
  • Fotobock 27/04/2022 15:10

    Kein neuer Krieg, das haben wir vergessen. Wir können denen helfen, egal wer, die Hilfe benötigen lg Barbara
  • Sarah Tustra 27/04/2022 8:58

    Das mit dem Gaswerk wusste ich bislang nicht, danke für die Info.
    Ich arbeite nebenan, und komme dort jeden Tag vorbei. Schon zur Maidan Revolution war dort ein Meer aus Blumen und Grabkerzen vor dem Haus. Die ersten Wochen gab es tagsüber immer riesige Schlangen, Geflüchtete, die Dokumente brauchten. Viele Kinder darunter, die gerne bei uns auf dem Vorplatz spielen. Es ist unglaublich traurig, das anzuschauen, auch wenn es gerade weniger Menschen sind, die dort anstehen müssen. 60 Tage geht der Wahnsinn nun schon, und es ist kein Ende abzusehen. Ich hätte nie geglaubt, dass es hier in Europa wieder einen Krieg geben wird. Ich hätte Ende Februar der auch nie für möglich gehalten, dass die Ukraine dem Faschisten Putin so lange Paroli bieten kann. Aber es ermüdet mich sehr, dass sich unser Denken so sehr geändert hat, und der Ton nun so militärisch geworden ist. Bin irgendwie nicht dafür gebaut, kann kaum noch Nachrichten lesen. Mal sehen. wie lang die Schlange gleich sein wird, wenn ich wieder dort bin.
  • sabiri 26/04/2022 14:51

    Ich beschränke mich mal auf's fotografische. Sehr sauber ausgerichtet und der Lichteinfall ist auch interessant. Aber Danke für die Infos!
    LG Gerhard
  • anne47 26/04/2022 13:20

    Bandera ist natürlich sowas wie ein Nationalheld, da er eine freie, von Russland und auch von Nazi-Deutschland unabhängige Ukraine propagiert hat. Faschismus war damals ja noch üblich und nicht wie heute geächtet. Wahrscheinlich brauchte man solche Idole, wenn man seine eigene Identität erhalten wollte.

    Habe gerade gelesen, dass die Wagner-Gruppe mit ca. 1000 Söldnern in der Ukraine kämpfen, in Mali und anderswo waren sie ja auch schon für Putin tätig, obwohl er das gerne abstreitet. Ich hoffe, sie werden von den Ukrainern gehindert, ihre mörderischen Ziele zu verfolgen
    LG Anne
    • smokeonthewater 28/04/2022 0:47

      Die Zahl stimmt nicht, der Laden ist riesig. Allein 3000 von ihnen sind in der Ukraine seit dem Einmarsch gefallen. 2500 Söldner in Syrien und sicher mehr in Afrika verrichten die Drecksarbeit für Putin an allen Brennpunkten. Das ist zugleich ein Problem für ihn, weil er die von dort nicht einfach abziehen kann, um sie in der Ukraine in die Schlacht zu werfen.