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Annemarie Quurck


Premium (Pro), Bad Homburg

Die letzte Hülle

Nach Varanasi kommen und sterben, das verspricht den direkten Weg ins Nirvana.
Das Jallahsey-Ghat ist der Hauptverbrennungsplatz in Varanasi.

Man darf von diesem heiligen „Burning Ghat“ eigentlich keine Fotos machen.
Deshalb an dieser Stelle ein kurze Beschreibung der Szenerie.
Eingerahmt von rußgeschwärzten Gebäuden und Tempeln, riesigen Holzstapeln, gibt es auf dem Ghat mehrere Plattformen auf den die Scheiterhaufen brennen. Es wimmelt von Menschen, Kühen, Ziegen und Hunden, Bambusstangen, Blumengirlanden und Unmengen von Müll, Asche und Exkrementen. Trauernde, Priester, geschäftige Feuerholzträger und Teeverkäufer, Frauen sind jedoch nicht mehr zugelassen, seit dem sich eine Frau auf den Scheiterhaufen warf um sich gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemanns auf den Weg ins Nirvana zu machen.

Die Kremation folgt strengen Ritualen und Zeremonien.
Direkt nach dem Tod wird der Leichnam fünfmal massiert und mit unterschiedlichen Flüssigkeiten gesalbt (Honig, Kokosnuss, Safran, etc.). Die Verbrennung muss innerhalb von einem Tag nach dem Tod stattfinden, bevor sich die Seele im toten Körper „unwohl“ fühlt und der Körper deshalb anfängt zu stinken. Der Leichnam wird anschließend verhüllt (Männer in weißes Tuch, Frauen in Rot-Gold) und vor der Verbrennung zur Reinigung in den heiligen Ganges getaucht. Der Scheiterhaufen besteht aus fünf unterschiedlichen Holzarten (Sandelholz, Palme, Mango,…), damit beim Verbrennen kein Geruch entsteht. Der älteste Sohn holt von der heiligen Flamme Shivas, die auf einem Balkon oberhalb der Freitreppe seit 3500 Jahren brennt und ständig von Sadhus bewacht wird, mit einem Büschel Gras Feuer, umrundet den Leichnam fünfmal und legt anschließend Feuer an den Scheiterhaufen. Dann wird je fünfmal am Kopf und den Füßen angefacht und fünf verschiedene Substanzen (Öl, Sandelholzpulver,…) über dem Feuer ausgegossen. Nach eineinhalb Stunden wird der Leichnam gewendet und erneut angefacht, nach drei Stunden ist alles verbrannt bis auf den Brustkorb bei den Männern und die Hüfte bei den Frauen. Diese Reste werden dem heiligen Ganges übergeben. So wird der Körper – als Fahrzeug der Seele nach Beendigung der Inkarnation – den fünf Elementen zurückgegeben: Feuer, Erde und Wasser, Luft und die Seele steigt auf ins Nirvana. Nachdem die Reste der „heiligen Mutter Ganges“ übergeben wurden, holt der älteste Sohn fünf Tonkrüge mit heiligem Gangeswasser und löscht damit den Scheiterhaufen. Den letzten Krug wirft er blind über die Schulter auf das Feuer, der Krug zerbricht und löscht das Feuer, die Verbindung zwischen Familie und freiwerdender Seele ist damit getrennt, die Seele kann aufsteigen. Anschließend begeben sich alle Angehörigen ins Wasser um sich selbst zeremoniell zu reinigen und anschließend die Segnung eines Brahmanen zu empfangen.

Bericht von Einem der ganz nah dran war:
Auf den Scheiterhaufen verbrennt das Tuch zuerst, man sieht Schädel und Rippen in den Flammen. Menschen stochern mit Bambus in den Scheiterhaufen herum, andere bringen neues Holz und schichten Haufen auf, ein in weiß gekleideter wirft einen Tonkrug hinter sich und geht ohne sich umzudrehen davon, die Asche spritzt in alle Richtungen. Nebenan legt einer Feuer an einen anderen Scheiterhaufen, zwei Meter weiter steht eine Kuh völlig unbeeindruckt von dem Schauspiel und kaut gelbe Opferblumen, unter einer Treppe werden die Köpfe von weißgekleideten kahlgeschoren, nebenan werden Sandelholz und Tee verkauft, Leute sitzen auf der Treppe und trinken aus kleinen Bechern, unterhalten sich. Im Wasser waschen Helfer die Asche mit Goldgräberschalen auf der Suche nach Ringen und anderen Schmuckstücken aus.

Comentarios 15

  • Cecile 19/08/2013 12:04

    Stark und für uns Europäer unvorstellbar. Danke auch für die Info.
    LG E.
  • xyz 21/07/2013 11:16

    Eine Welt, die uns fremd bleiben wird...
    Gruß Ulf
  • rouva14 13/07/2013 9:21

    sehr eindringlicher Einblick in ein Thema und eine Welt, die man oftmals gern verdrängt. Sehr gute Doku!
    LG Christine
  • Brilu 11/07/2013 23:08

    Man muss sich vorstellen, dass gleichzeitig auch Menschen im Fluss baden, Zähne putzen, alles hochheilige Rituale und für uns kaum oder schwer fassbar. Deine Dokumentation ist äußerst beeindruckend. LG Brigitte
  • Jürgen Divina 11/07/2013 20:35

    Günter bringt es auf den Punkt...
    Liebe Grüße, Jürgen
  • Peter Trappl 11/07/2013 18:42

    Danke für Deinen sehr interessanten Bericht zu Deinen Bildern.
    Liebe Grüße
    Peter
  • Bea Dietrich-Gromotka 11/07/2013 14:40

    - was für eine Impression !!!!
  • E. Ehsani 11/07/2013 13:53

    Ganz tolles Foto und schöne Szene LG Esmail
  • Mira Culix 11/07/2013 9:47

    Wirklich immer wieder interessant, wie verschiedene Kulturen Abschied nehmen.
  • Günter Pilger 11/07/2013 9:47

    ... dann komme ich lieber nicht dahin :-)
    Gruselig und informativ!
    LG Günter
  • Kerstin Schulz - Berlin 11/07/2013 9:08

    Befremdlich und beeindruckend und interessant beschrieben!
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass es NICHT stinkt ...
    Viele Grüße Kerstin
  • Karl H 11/07/2013 8:54

    Hat schon was, diese Art von Abschied ...

    lg Karl
  • Norbert REN 11/07/2013 8:44

    Das gibt einen guten Einblick in das, was dort täglich
    abspielt.
    Danke für die viele Arbeit, die Du Dir gemacht hast.
    Erschütternd und befremdlich ist der ganze Müll. der da herumliegt, und die sehr unzureichenden hygienischen Begleitumstände.
    LG. Norbert
  • dorlev 11/07/2013 8:43

    gelungene Aufnahme und spannende Info!!
    LG dorle
  • günther kessen 11/07/2013 8:41

    Mach doch ein Reisebuch. Du kannst erzählen und gute Fotos machen. Kommt bestimmt gut.
    Gruß Günther

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