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Ich bin kein Renault!

Ich bin kein Renault!

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Ich bin kein Renault!

Ich vermute, Sie wollen Bilder gucken und keine Romane lesen, doch ich werde Sie jetzt volltexten. Warum? Mal angenommen Sie fahren einen seltenen Sportwagen eines relativ unbekannten Herstellers. Sie wissen, dass Sie eine Alpine fahren, hören aber in der Regel, von Passanten folgendes……

Möglichkeit 1:
Eine Person rennt wie ein aufgescheuchtes Wiesel an ihrem Fahrzeug hin und her, nachdem der erste zielstrebige Gang zum Heck des Fahrzeugs erfolglos bliebt, beginnt eine vom fragenden Blick begleitete, Pendelbewegung vom Heck zur Front und wieder zurück, und im Kreis, und hin und her. Diese Person wird für die zurückgelegten Kilometer nicht belohnt, da es dort keinen Schriftzug gibt, der den Hersteller verraten könnte. Die Person geht daher dazu über mit stark gebeugtem Rücken oder in hockender Position sich die Nase an der Scheibe platt zu drücken und murmelt etwas von „Oh Mann, ist der flach“. Nun kommt der entscheidende Moment! Die Frage: „Entschuldigung, was ist das für ein Fahrzeug?“ Die Antwort wird lauten: „Eine Alpine!“. Entweder folgt nun betretendes Schweigen und verlegendes Scharren mit den Füßen, da die Person noch immer keine Ahnung hat was eine Alpine sein soll, oder es kommt: „Ah, ein Renault!“ Sagte ich nicht etwas von Alpine?

Möglichkeit 2:
Eine Person, stolz über ihr Wissen, hat eine Vorstellung davon um was für ein Fahrzeug es sich handelt und spricht es aus: „Das ist ein Renault!“ erklärt sie. „Sieht man ja selten.“ Von irgendwo hört man so etwas wie: “Grummel …grummel… nein, das ist eine Alpine!“ Die Person ist sich aber sicher: „Ja, aber der Hersteller ist aber, aber natürlich Renault!“ Wieder hört man von irgendwo eine Stimme: “Grummel … nein, der Hersteller ist Alpine.“ Sagte ich das nicht bereits? Da erscheint es wieder, das große Fragezeichen im Gesicht, oder alternativ der Gesichtsausdruck von ja, ja lass die Vollidioten weiter spinnen, die haben echt keine Ahnung von Autos, macht sich breit. Tritt letzteres ein, bemerkt man noch eben: „Früher hat Renault noch schicke Autos gebaut.“

Geht es nach diesen Passanten, ist es so: Ein Fahrzeug, das von Alpine entwickelt wurde, nur von Alpine in Handarbeit gebaut wurde, bei dem deutlich in den Fahrzeugpapieren steht, dass der Hersteller nur Alpine ist, das eigene Schlüsselnummern für Alpine besitzt, sogar eigene Teilenummern ist ganz klar ein Renault! Mir fällt es immer noch schwer diesem Gedankengang zu folgen, doch woher kommt es, dass eine eigenständige französische Automobilmarke wie Alpine, nicht als solche wahrgenommen wird? Benötigt Deutschland etwas Aufklärung was die Geschichte des französischen Automobilbaus angeht? Da man dieses Phänomen in anderen Ländern nicht hat, scheint es so. Aufklärung? Ob das was bringt? Wir versuchen es. Sie sehen auf den Bildern, das Logo der Marke Alpine, und eine Alpine A310, das letzte Fahrzeug, dass von Jean Rédélé entwickelt wurde, bevor er die Marke Alpine an Renault verkaufte. Sie wundern sich und denken, wer ist Jean Rédélé? Noch nie gehört? Dann erzähle ich Ihnen jetzt wer diese Person war.........

Alpine ist eine eigenständige Sportwagenmarke, demnach ein eigenständiger Automobil-hersteller, der seinen Schwerpunkt bei den Renn- und Sportwagen hatte. Die Marke Alpine wurde am 22.6.1955 mit dem offiziellen Namen "Société des Automobiles Alpine" von Jean Rédélé in Dieppe (Frankreich) gegründet. Alpine war ein Kleinserienhersteller, der bis 1984 seine Fahrzeuge noch vollständig von Hand fertigte. 40 Jahre nach der Gründung der Marke Alpine wird im Jahr 1995 die Produktion von Fahrzeugen mit dem Markennamen Alpine eingestellt.

Jean Rédélé, der Gründer der Marke Alpine, wird am 17.Mai 1922 als Sohn eines Renault-Händlers in Dieppe, geboren. Schon in jungen Jahren übernimmt der Sohn die vom Krieg fast vollständig zerstörte Werkstatt seines Vaters. Jean Rédélé besaß eine große Leidenschaft zum Rennsport. Er nahm persönlich an Autorennen teil, was schon sehr bald die Idee in ihm aufkeimen lies, einen eigenen Rennwagen für den Motorsport zu entwickeln, der leichter, technisch moderner dadurch wendiger und schneller sein sollte, als die Fahrzeuge der Konkurrenz. Den ersten drei Prototypen, die unter anderem mit der Hilfe von Michelotti, Allemano und Deutsch et Bonnet entstanden, folgte 1955 die erste in Serie gebaute Alpine. Aus der Idee von Jean Rédélé, seine eigenen Rennwagen zu bauen, entstand 1955 die Sportwagenmarke Alpine. Den Markennamen „Alpine“ widmete Rédélé seinem Sieg beim Alpenpokal im Jahr 1954, der ihm internationale Anerkennung einbrachte. Aus Kostengründen griff Rédélé beim Bau seiner Fahrzeuge teilweise auf Bauteile aus bekannten Großserienfahrzeugen zurück. Da Rédélé selber Renault-Händler war, ist es nahe liegend, sich im Teileregal von Renault umzusehen. Wäre sein Vater ein Ford Händler gewesen, der ihm eine Ford Werkstatt vererbt, hätte dies vermutlich anders ausgesehen. Somit entstand der erste Kontakt zwischen Alpine und Renault lediglich durch Zufall, weil Jean Rédélé in die Familie eines Renault Händlers geboren wurde. Die erste Serienalpine, die Alpine A106 Coach Mille Milles hatte schon 1955 eine Kunststoffkarosserie (von Chappe et Gressalin hergestellt). Wie auch bei späteren Alpine Fahrzeugen wählte Rédélé diesen modernen Werkstoff um Gewicht einzusparen. Nur 5 Jahre später im Jahr 1960 wurden bereits vier verschiedene Straßenversionen von Alpine Fahrzeugen angeboten: Alpine A108 Coupé, Berlinette, Cabrio und eine Familienversion 2+2. Im gleichen Jahr entstand durch Phillipe Charles das Design der Alpine Fahrzeuge, welches später mit der Alpine A110 Berlinette im Rallyesport weltberühmt werden sollte. Durch ihre lange, erfolgreiche Rennsportkariere wurde die zierliche A110 Berlinette zur begehrten Automobillegende. Die A110 Berlinette ist heute zusammen mit der hier ausgestellten A310 V6 das bekannteste, beliebteste und gleichzeitig das am häufigsten gebaute Alpine Modell. Mit einer Stückzahl von ca.7500 gebauten A110 Berlinette und 9276 gebauten A310 V6 bleiben diese Alpine Fahrzeuge dennoch handgefertigte Raritäten der Kleinserie. Die Entwicklungsarbeit zur hier ausgestellten Alpine A310 begann 1968 mit der Idee von Jean Rédélé, einen modernen, im Windkanal optimierten Sportwagen zu bauen, der als Porsche Konkurrent auf dem Markt platziert wurde. Die A310 sollte nicht nur im Rennsport bestehen, sondern ihren Fahrern etwas mehr Komfort bieten als ihre Vorgänger. Da die Entwicklung des neuen V6 Motors (eine Zusammenarbeit zwischen Peugeot, Renault und Volvo) noch nicht abgeschlossen war, kam die A310 ab 1971 zuerst als 4 Zylinder Version auf den Markt und bekam erst ab 1976 den PRV-V6 Motor ins Heck. Die Alpine A310 V6 war damals mit einer eingetragenen Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h, der schnellste Straßensportwagen Frankreichs. Wie für Alpine Fahrzeuge üblich, wurde auch die A310 in Leichtbauweise mit Kunststoffkarosserie ausgestattet. Die A310 V6 wurde 1980 noch einmal optisch und technisch überarbeitet. Von den insgesamt gebauten 9276 Exemplaren der A310 V6, fallen ca. 4498 Fahrzeuge auf die zweite Serie, die ab 1980 gebaut wurde und aus der das hier ausgestellte Fahrzeug stammt. Die Produktion der Alpine A310 endete im Jahr 1984 und mit ihr die Tradition, die Fahrzeuge vollständig von Hand zu fertigen.

Da Jean Rédélé seine Fahrzeuge hauptsächlich für den Rennsport konstruierte und dort erfolgreich einsetzte, ist der Name Alpine untrennbar mit dem Motorsport verbunden. Der Rallyesport war von Anfang an eine feste Größe bei Alpine, so wuchs das Werksteam von Alpine zu einem der größten und erfolgreichen Rallyeteams seiner Zeit. Doch fand man Alpine Fahrzeuge ab 1963 auch bei den 24 Std. von Le Mans, was Alpine mehrere Indexsiege und 1978 den Gesamtsieg in LeMans einbrachte. Alpine fuhr 1978 vor Porsche und Ferrari ins Ziel. Auch bei Formelrennen wurden Rennwagen von Alpine ab 1964 eingesetzt. Die bekanntesten Erfolge von Alpine Fahrzeugen sind die Dreifachsiege bei der legendären Rallye Monte Carlo (1971 & 1973), der Gewinn der Rallye-Europameisterschaft (1970), der Gewinn der Rallye Marken-Weltmeisterschaft (1971 und 1973), Marken-Vizeweltmeister (1970 & 1975) und der schon erwähnte Gesamtsieg bei den 24 Std. von Le Mans 1978. Es ist eine erstaunliche Leistung, dass ein Kleinserienhersteller, der mit wenigen finanziellen Mitteln auskommen musste, sich gegen große Automobilmarken im Rennsport behaupten konnte. Die Finanzierung des Rennsports vom Werksteam von Alpine führte im Jahr 1967 dazu, dass bei den 24-Stunden-Rennen von Le Mans auf einem Alpine-Fahrzeug erstmals der Doppelname „Alpine Renault“ (ja diese Reihenfolge stimmt) auftauchte. Aufgrund des immer größer werdenden sportlichen Erfolgs von Alpine, steuerte Renault nun finanzielle Mittel für das Werksteam von Alpine bei. Alpine setzte die Entwicklungsarbeit, die Konstruktion, den Bau der Fahrzeuge und die Teilnahme an Rennsportveranstaltungen weiter fort, doch die Erwähnung des Namens von Renault brachte der Regie Renault Werbung aus dem Motorsport ein. Derartige Doppelnamen, die sich durch das Zusammenfügen von zwei Markennamen unterschiedlicher Fahrzeughersteller ergeben, sind bis heute im Rennsport üblich. Man denke z.B. an „McLaren Mercedes“ oder „Lotus Renault“ in der Formel 1. Lotus selber ist ebenfalls nicht aktiv an der Entwicklung oder dem Bau des Fahrzeugs beteiligt, genießt lediglich die durch die Verwendung des Namens Lotus entstehende Werbung und hat daher eher die Position eines Sponsors. Das Interesse an der Rennsportabteilung von Alpine, war für Renault so groß, dass die Regie die Marke Alpine kaufte indem Renault schrittweise die Anteile an der Marke Alpine übernahm. Die Übernahme war im Jahr 1978 abgeschlossen. Renault plante in den 1970er Jahren den Einstieg in die Formel 1, so ließ die Regie bei Alpine ihren ersten Formel 1 Prototypen bauen, die Alpine A500. Nach der Übernahme blieb Alpine weiterhin als eigenständige Marke erhalten, jedoch sorgte der neue Mutterkonzern Renault durch interne Umstrukturierungen in den Führungspositionen bei Alpine dafür, dass ab 1978 keine Alpine Fahrzeuge mehr mit einem offiziellen Werksteam für Alpine starteten. Die Rennsportkarriere der Alpine Fahrzeuge wurde vom Schreibtisch aus beendet. Renault hatte kein Interesse diese Tradition weiterzuführen. Das erfolgreiche Alpine Werksteam wurde schrittweise auf das Renault Werksteam übertragen. So blieb der sportliche Einsatz der hier ausgestellten Alpine A310 V6 auf ca. ein Jahr beschränkt (1976 / 1977). Der A310 V6 blieb daher deutlich weniger Zeit sich im Rennsport einen Namen zu machen, als ihrer berühmten Schwester, der A110 Berlinette, die im Vergleich dazu ca. 15 Jahre im aktiven Rennsport gefahren wurde. Doch nutzte die A310 V6 die kurze Zeit sehr erfolgreich. 1977 wurde die Alpine A310 V6 französischer Rallye-Meister und setzte sich gegen Konkurrenten wie den legendären Lancia Stratos und auch Porsche durch. Die zierliche A110 Berlinette war dem Stratos, der eine neue Generation von Rallye-Fahrzeugen darstellte, nicht mehr gewachsen, doch die neue A310 V6 verwies die Ikone von Lancia auf den zweiten Platz. Im gleichen Jahr (1977) gewinnt die Alpine A310 V6 die französische Rallycross-Meisterschaft und die Rallycross-Europameisterschaft. Trotz des Erfolgs durfte die Alpine A310 V6 ihre Karriere im Sport nicht fortsetzen, da sie kein Renault-Fahrzeug ist, und die Regie Renault zukünftig im Rennsport nur die eigene Marke unterstützen wollte. So starteten ihre Fahrer im Jahr 1978 mit Renault 5. Ironischerweise erklärt der Volksmund heute beim gleichen Fahrzeug die Regie Renault zum angeblichen Hersteller und Alpine wird vom Markennamen im Volksmund zum Modell degradiert. Da dieser Fehler in Deutschland weit verbreitet ist, vergleichen wir die Situation mit Porsche und VW, die zwar eine gemeinsame Geschichte besitzen, aber zwei eigenständige Marken darstellen. Auch übernahm die Volkswagen AG 1998 die Marke Bentley. Würden Sie dann auch in diesem Fall sagen, dass ein Bentley natürlich dem Hersteller VW zugeordnet werden sollte, sprich der Wagen heißt dann VW Modell Bentley? Vermutlich würde das keiner tun. Warum macht man es dann bei Alpine Fahrzeugen schon fast automatisch? Sind die Geschichte von Jean Rédélé, seine Rennsportleidenschaft, sein Lebenswerk und das Erbe, welches er mit der Sportwagenmarke Alpine hinterlässt, in Deutschland tatsächlich vollkommen unbekannt? Das wäre sehr schade, denn es ist die Geschichte eines Mannes, der aus durchschnittlichen Verhältnissen stammt und die erfolgreichste Sportwagenmarke Frankreichs schuf, angetrieben von seiner Leidenschaft zum Rennsport. Die Marke Alpine und das Automobilwerk in Dieppe existieren bis heute. 2012 verkaufte die Regie Renault 50% der Anteile von Alpine an Caterham aus Großbritannien. Da Caterham mit dem Super Seven, dass Erbe des Sportwagenherstellers Lotus kaufte, eine Marke die ebenfalls für außergewöhnliche Sportwagen, Leichtbauweise und große Rennsporterfolge vor allem in der Formel 1 steht, eine interessante Veränderung. In Paris wurde 2012 angekündigt, dass man plant zukünftig wieder Fahrzeuge der Marke Alpine herzustellen.

Straßenfahrzeuge die zur Marke Alpine gehören sind:
Alpine A106 Coach und Cabriolet
Alpine A108 Coupé und Cabriolet - Serie 1
Alpine A108 Coupé, Cabriolet, Berlinette und 2+2 - Serie 2
Alpine A110 Cabriolet, Berlinette und GT4 - Serie 1
Alpine A110 Berlinette - Serie 2
Alpine A310 4 Zylinder
Alpine A310 V6 - Serie 1, Serie 2 und Pack-GT (in Deutschland S-Version)
Die Alpine A310 ist das letzte Fahrzeug, das von Jean Rédélé persönlich entwickelt wurde. Es folgten nach der Übernahme durch Renault weitere Alpine Modelle:
Alpine V6 GT und V6 Turbo
Alpine A610

Neben den Alpine Fahrzeugen, die direkt bei Alpine in Frankreich gebaut wurden, gab es verschiedene Lizenzbauten:
- Belgien bei Gillet d´Herstal - baugleich zu Alpine A106 Coach
- Brasilien bei Willys Overland als Willys Interlagos - baugleich zu Alpine A108 Serie 2
- Mexico bei Diesel-Nacional (DINA) als Dinalpin - baugleich zu Alpine A110 Serie 1
- Bulgarien als Bulgaralpine - baugleich zu Alpine A110 Serie 1
- Spanien bei FASA als Alpine - baugleich zu Alpine A108 Serie 2 und Alpine A110

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CA-MES-J

Comentarios 5

  • Charly Winkler 30/08/2014 9:40

    Lehrreich für Mich - der bisher immer dem Üblichen glaubte -:))
    Ja- Diese Geschichte kennen nicht viele - so genau...

    danke für Deine INFO

    LG- charly
  • Udo Tienes 19/12/2012 15:18

    ...und jetzt soll wohl bald eine neue Alpine in Dieppe hergestellt werden, die darf dann aber nicht Alpine heißen, auch nicht Alpine-Renault sondern Alpine-Caterham - das soll dann noch jemand verstehen. Wer kennt schon die englische Marke Caterham...
  • CA-MES-J 11/11/2012 10:53

    Hallo,
    da es angesprochen wurde und falls es von Interesse ist: Die A310 hat 3 teilige PLS Sport4 Felgen mit schwarzem Felgenstern.
    Viele Grüße
  • Michael Bergrath 08/11/2012 21:05

    Interessante Story, kurzweilig geschrieben. Im Großen und Ganzen kannte ich die Historie von Alpine und Renault schon, natürlich lange nicht so detailliert, muß aber zugeben, daß ich im Sprachgebrauch auch immer den Namen des großen Herstellers voranstze :-(

    Grüße - Mike
  • Albi 09 03/11/2012 21:43

    Danke für Deine interessante Info. Das habe ich wirklich nicht gewusst. Man lernt eben nie aus ! :-)
    Ich wünsche Dir noch ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße,
    Albi