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Kampf um das Weißstorch – Nest: Starke Frau, schwacher Mann 01

Kampf um das Weißstorch – Nest: Starke Frau, schwacher Mann 01

Sabine Streckies 01


Premium (World), Offenbach am Main und Weilrod im Weiltal

Kampf um das Weißstorch – Nest: Starke Frau, schwacher Mann 01

Vielleicht mal was ganz anderes, als die täglichen schlechten Nachrichten?

Stress für die einen, Glück für die andere: Im Gegensatz zu den Vorjahren konnte ich heuer einige Nestkämpfe aus deutlich geringerer Entfernung fotografieren. Bei den schnellen Aktionen der Weißstörche war das sicher ein Vorteil für die Bildqualität und große Ausschnitte waren 2020 erfreulicherweise auch nicht nötig.

Was auf den Fotos manchmal fast wie eine Paarung oder freundschaftliche Gesten wirkt, ist in der Realität ein harter Kampf ums Nest. Da wird beispielsweise nicht zärtlich am Hals geknabbert, sondern zugebissen und mit dem scharfen Schnabel auch gestochen. Es geht nur um eines: Der Gegner muss vom Nest. Dabei fließt häufig auch Blut und mancher Storch fand so ein frühes Ende.

Bei den Störchen ist es in der Regel so, dass der Kandidat für eine unfreundliche Übernahme erst einmal beobachtet „wo was geht“ und dann im Fall eines bereits bezogenen Nests abwartet, bis das Männchen auf Futtersuche ist.

Da Storchfrauen in der Regel schwächer sind, erfolgt dann der Angriff.

Dies kann bereits am Saisonanfang der Fall sein, aber auch dann noch, wenn bereits Eier gelegt wurden. Eier werden auch durchaus mal aus dem Nest geworfen.

Bei erfolgreichen Brutpaaren bekommt das Männchen den Angriff irgendwie mit, fliegt im Eiltempo zum Nest und verprügelt und vertreibt den Eindringling.

Ist das Männchen nicht oder nicht gleich in der Nähe, kommt es alleine auf Stärke und Ausdauer der Störchin an.

Hat erst ein Storch sein Nest bezogen (weil der Partner noch auf der Reise ist), muss er/sie alleine versuchen, mit dem Eindringling fertig zu werden.

Hier verhielt sich die Sache jedoch ganz anders:
Bei den Nestbesitzern handelt es sich um den männlichen beringten Storch DEW 4T179 und seine nicht beringte Partnerin. Diese war am 15.03.20 gut anhand eines deutlich sichtbaren hellen Flecks auf der Schnabeloberseite zu identifizieren.
Der Übernahme-Aspirant war ebenfalls unberingt und müsste – jedenfalls normalerweise – männlich gewesen sein. Jedoch keine Ausnahme ohne Regel – auch bei den Störchen nicht.

Bemerkenswert war, dass die Störchin immer wieder angegriffen wurde, obwohl der Ehemann in der Nähe war. Und nicht nur das: Er stand zeitweise auch auf dem Nest und guckte zu, wie der Eindringling versuchte, die Nestbesitzerin zu vertreiben. Auch flog DEW 4T179 immer mal wieder weg und brauchte recht lange zur Rückkehr. Die Störchin verteidigte in dieser Zeit das Nest völlig alleine. Erst als dieser Möchtegerne – Held des Tages endlich konsequent auf dem Nest blieb und wenigstens mal mit seinen Flügeln schlug und aktiv schubste, nahmen die stundenlangen Kampfhandlungen ab und endeten schließlich völlig.

Keine Ahnung, wie oft ich den Storch an diesem Tag mit „Du Blödmann“ beschimpft hatte ….

Wie dem auch sei: Bei meinen nächsten Besuchen war „Ruhe“ und wahrscheinlich hat das Paar nun schon Eier gelegt. Ob der Eindringling wirklich abgewehrt wurde oder ob er inzwischen einen anderen, besseren Platz gefunden hat, kann zumindest ich ohne Ring nicht sagen.

Landkreis Groß-Gerau, Hessisches Ried, Biebesheim, 15.03.20.
Nikon D500, Nikkor AF S 5.6/200-500 VR, aus der Hand.

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