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Paul Scheerbart - eine Erinnerung

Paul Scheerbart - eine Erinnerung

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Neydhart von Gmunden


Premium (Basic), Hamburg

Paul Scheerbart - eine Erinnerung

Zur Erinnerung an den großen nahezu unbekannten Paul Scheerbart,
ein beeindruckender Mensch und große Schriftstellerpersönlichkeit !

„Mafikâsu schwebt mit dem Pflastermann neben der reich gegliederten
Horn-Terrasse dahin, und beide überschauen die langen Reihen der
Sterbenden, die leise flüstern.
Die Sterbenden sprechen aber nicht zueinander – sie sprechen zu sich
selber. Und dennoch sinds nicht Monologe, die flüsternd über ihre Lippen
kommen. Das Sterben auf dem Monde ist nicht so wie das Sterben auf
der Erde.
Wer auf dem Monde müde wird, fühlt bald in der dem Rumpfe nahelie-
genden Ballonhaut einen Schmerz. Und wer diesen Schmerz fühlt,
schwebt hinab zu den Todesgrotten und läßt sich dort ein Pflaster auf
den oberen Teil der Ballonhaut legen. Und das Pflaster lindert den
Schmerz. Und aus der vordem schmerzenden Stelle wächst ein andrer
Rumpf heraus, der anfänglich ganz klein wie ein Pilz ist – aber in Bälde
Kopf und Armbildung zeigt. Und während der alte Rumpf immer mehr zu-
sammenschrumpft, entwickelt sich der neue Rumpf – genau in den For-
men des alten; der neue hat nur anfänglich eine nicht so runzelreiche Haut.
Und der alte Kopf spricht zu seinem neuen Kopf – wie ein Vater zu sei-
nem Kinde.
Und so geht der Geist des Vaters langsam in den des Sohnes über.
Und es ist eigentlich kein Tod – es ist nur eine Wiedergeburt.
Und es ist wundersam, zu sehen, wie das Alte in das Neue übergeht.
Und es ist wundersam, zu hören, wie das alte Ich zu seinem neuen Ich
spricht und ihm alles erklärt, was es auf dem Monde wissen muß.
Und so lange spricht der alte Kopf – bis der neue genauso klug und eben-
so weit ist wie der alte.
Und es ist so, als wenn sich Doppelgänger miteinander unterhalten.
Und es ist ein vollkommenes Aufgehen des Alten – im Neuen.
Und es stirbt eigentlich nur die Haut des Alten – die schließlich vergeht –
wie eine Blume vergeht – in den Rauchergrotten.“

Auszug aus: Paul Scheerbart: Die große Revolution, ein Mondroman
Erstveröffentlichung 1902

Paul Scheerbart (auch: Kuno Küfer)
Geboren am 8.1.1863 in Danzig; gestorben am 15.10.1915 in Berlin.
Der Sohn eines Danziger Zimmermanns wollte Missionar werden,
wandte sich dann aber der Philosophie, der bildenden Kunst und
schließlich der Literatur zu. Ab 1885 schrieb er Kunstkritiken für
verschiedene Zeitungen. 1892 gründete er in Berlin den Verlag
deutscher Phantasten; er war zeitlebens Außenseiter und schloß
sich keiner gängigen Kunstrichtung an. Seine Bücher illustrierte er
selbst. Die Expressionisten und Dadaisten ließen sich von ihm
beeinflussen. Mit seiner Vorstellung von der Veränderung des
Theaters hatte er Einfluß auf die Theaterkonzeption Alfred Jarrys.

http://gutenberg.spiegel.de/autor/paul-scheerbart-511

https://scheerbart.de

Comentarios 2

  • peju 08/09/2017 11:51

    Zeitlebens Außenseiter, nie 'Mainstream'...
    Bemerkenswert!
    Und es sind nicht die Schlechtesten, die als 'Außenseiter' oft spöttisch gebrandmarkt werden.
    Ohne ihre Ideen würden wir heute noch auf Bäumen hocken und an Blättern nagen...
    Aber vielleicht wäre das für Mutter Erde besser gewesen.
    Das Bild wirkt wie eine Jugendstilikone.
    Raffiniert und schön.
    Gruß
    Peter

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