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FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN (Foto aus Zittau)

FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN (Foto aus Zittau)

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Johannes Zakouril


Premium (Pro), Neu-Ulm

FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN (Foto aus Zittau)

Refugees welcome!
Gegen die Abschaffung des Rechts auf Asyl
Rede von Kerem Schamberger

Am 9.Juni fand in München eine Spontandemonstration gegen die Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl statt. Am Tag vorher hatten sich die EU-Innenminister auf einen schmutzigen Deal zur Perfektionierung der Abschottung Europas verständigt. Geflüchteten, die es nach Europa schaffen, wird ein rechtsstaatliches Asylverfahren verweigert, um sie dann schnellstmöglich wieder loszuwerden. Beschlossen wurden haftähnliche Asylzentren an den Außengrenzen der EU, Schnellverfahren und rigorose Abschiebungen der Geflüchteten, denen das Recht auf Asyl verweigert wird.


Nachstehend bringen wir die Rede von Kerem Schamberger, er ist Mitarbeiter von medico ­international.

Liebe Freundinnen und Freunde,
es ist wichtig, dass wir heute hier gegen den sog. Asylkompromiss demonstrieren, der gestern von den EU-Innenministern beschlossen wurde. Denn er bedeutet de facto die Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl in ganz Europa. Um nichts weniger handelt es sich, wenn zehntausende Menschen zukünftig an den EU-Außengrenzen inhaftiert werden.
Ich war letzten August auf der griechischen Insel Samos: Dort gibt es schon ein Closed Controlled Access Center – ein Hochsicherheitslager, mit doppeltem NATO-Stacheldraht, Drohnen, Videoüberwachung, deren Aufnahmen in Athen zusammenlaufen, Chipkarten, privaten Sicherheitskräften und Polizei. Die EU hat schon vor drei Jahren 276 Millionen Euro ausgegeben für fünf solcher exemplarischen Lager.
Als ich im letzten Sommer dort war, waren nur wenige hundert Menschen im Lager. Ich habe mich damals gewundert, warum sie einen Platz geschaffen hatten, um 2000 Menschen in einer haftähnlichen Situation unterzubringen.
Jetzt wissen wir es: weil sie schon beim Bau gewusst hatten, dass es bald sehr viel mehr sind, die über Monate dort eingesperrt werden. Bis zu 120000 – ich wiederhole: einhundertzwanzigtausend Geflüchtete sollen an den EU-Außengrenzen in Zukunft eingesperrt werden können. Dar­unter Männer, Frauen, Familien mit Kindern. Das, was wir seit Jahren als Festung Europa anprangern, wird damit zur bildlichen Realität: Mauern, Stacheldraht, riesige Lager. Ein unglaublicher Skandal!

Liebe Freundinnen und Freunde,
um nichts geringeres als um die Abschaffung des Rechts auf Asyl handelt es sich, wenn Beamte bald entscheiden, ob Menschen, die vor Krieg, Verfolgung, wirtschaftlicher Ungerechtigkeit aus sog. »sicheren Herkunftsländern« oder »sicheren Drittländern« kommen und sie sofort dorthin zurückschicken.
»Sichere Drittländer«, was heißt das überhaupt? Das heißt zum Beispiel, dass ein Land wie die Türkei mit einer brutalen Autokratie wie dem AKP-Regime als sicher eingestuft wird für Menschen aus den Kriegsländern Afghanistan, Syrien oder Somalia. Diese Menschen können dann zurückgeschickt werden. Griechenland hat zum Beispiel schon genau vor zwei Jahren beschlossen, dass die Türkei ein solches sicheres Drittland ist. ?Und das obwohl bekannt ist, dass zehntausende Syrerinnen und Syrer gegen ihren Willen in das Kriegsland Syrien abgeschoben wurden, teilweise unter vorgehaltener Waffe, wenn sie nicht in den Bus steigen wollten, der sie über die Grenze bringt.
Und das obwohl bekannt ist, dass die Türkei massenhaft nach Afghanistan abschiebt. Letztes Jahr waren es nach offiziellen (!) Angaben mehr als 61000 Menschen, die dorthin zurückgeschickt wurden. Wir waren als medico international vor Ort und haben mit Asylanwälten gesprochen. Sie haben uns berichtet, dass in den sog. Rückführungszentren Beamte der Taliban per Video zugeschaltet werden und diese dann entscheiden, wen sie abgeschoben haben wollen.
Von dem alltäglichen Rassismus gegen syrische Geflüchtete, gegen Kurdinnen und Kurden in der Türkei habe ich noch gar nicht gesprochen.
Aber das ist es, was die EU nun als sicheren Drittstaat akzeptieren wird.
Länder wie die Türkei erledigen gegen Bezahlung die Drecksarbeit. Sie ist ganz im Sinne der EU, aber niemand will sich die Hände schmutzig machen. Eines von vielen Beispielen der Externalisierung der Gewalt gegen Geflüchtete und Migrant:innen. Damit wir uns hier weiter gut und wohl fühlen können.
Deshalb spricht Innenministerin Nancy Faeser von der SPD von einem »historischen Erfolg«. Außenministerin Baerbock spricht davon, dass sie mit ihrer Zustimmung die Einführung von neuen Binnengrenzen in der EU verhindern will. Und das, während jetzt Leute an den NATO-Stacheldrähten der Außengrenzen verbluten und zurück in Kriegsgebiete geschickt werden. Das ist neokoloniales Gehabe und einfach nur noch erbärmlich.

Liebe Freundinnen und Freunde,
ich habe es jetzt schon oft gesagt: es geht um die Abschaffung des Rechts auf Asyl auf gesamteuropäischer Ebene.
1993 – vor genau 30 Jahren – wurde es in Deutschland schon so zurechtgestutzt, dass es praktisch nicht mehr existent war. Damals waren es CDU/CSU, die SPD und die FDP. Zwei dieser Parteien sind auch heute an der Regierung beteiligt. Und diesmal auch mit dabei: die Grünen. Ausgerechnet sie, die sich die Verteidigung der Rechte von Geflüchteten ins Parteiprogramm geschrieben haben. Wir haben gestern gesehen, dass das nicht mal das Papier wert ist, auf dem das geschrieben steht.
Wovon Horst Seehofer nur träumen konnte – auf dessen Vorschlag die nun beschlossenen Grenzinhaftierungen zurückgehen –, dem hat die Ampel-Koalition zugestimmt. Doch wer glaubt, Flucht und Migration stoppen oder stark verringern zu können, ohne die imperiale und kapitalistische Produktions- und Lebensweise in Europa zu verändern, irrt gewaltig. Der Preis dieses »Irrtums« werden noch viel mehr Tote an den Außengrenzen sein.

Der gestrige Tag wird als ein dunkler Tag in die Geschichtsschreibung übergehen. Sorgen wir dafür, dass auch unser Widerstand dagegen und für ein Europa der Solidarität in Erinnerung bleiben wird.

Refugees welcome!

Comentarios 6

  • JEAN72 08/10/2023 10:21

    Daneben steht das Symbol der Anarchie. LG Jean
  • martha-ka 04/07/2023 9:39

    Ich finde das foto und seinen text zwispältig, könnte es doch auch heißen: auch in zittau können menschen sterben, Zumal das "meer" eher wie ein ein zwangskragen aussieht,
    • Johannes Zakouril 05/07/2023 10:15

      Proteste gegen unsere deutsche Flüchtlingspoltik können auch in Zittau stattfinden, aus Solidarität !
  • Jürgen Hanke 03/07/2023 10:59

    Ich bin auch gegen die Abschaffung des Asylrechts.
    Mir sind Verhältnisse wie in Frankreich viel lieber.
    Deshalb: Grenzen offen halten, keine Passkontrollen mehr, Staatsbürgerschaft sofort nach Einreise, lebenslanges Bürgergeld für alle Geflüchteten.
    Die kommenden Generationen werden es uns danken.

    Gruß
    Jürgen
    • Johannes Zakouril 03/07/2023 11:33

      deine richtung stimmt....man braucht aber trotzdem eine argumentationskette, da u.a. da die leute oft sehr einfach reagieren: u.a. "aber wo sollen wir denn alle flüchtlinge in deutschland unterbringen".....
    • martha-ka 04/07/2023 9:47

      Für mich liest sich der kommentar von Jürgen Hanke eher zynisch oder freundlich betrachtet als satire. Denn seine "wünsche": keine abschaffung des asylrechts, verhältnisse wie in frankreich, offene grenzen, keine passkontrollen, sofortige staatsbürgerschaft und lebenslanges bürgergeld widersprechen sich bzw. passen schon rein logisch nicht zusammen.

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